Mit BGBl II 176/2021 soll die Richtlinie zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. Das Kartellrecht soll an Neuentwicklungen im Wirtschaftsleben angepasst werden. Die Wettbewerbskommission (beratendes Organ bei der Bundeswettbewerbsbehörde – BWB) soll gestärkt werden. Die Entscheidungsgrundlagen für die Investitionskontrolle werden erweitert .
Änderung des Kartellgesetzes (KartG)
Als neue Ausnahme vom Kartellverbot wurde die Gewinnverwendung für die Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschrittes erweitert, der zu einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft wesentlich beiträgt (§ 2 KartG).
Bei der Definition der Marktbeherrschung (§ 4 KartG) wurde der Zugang zu wettbewerblich relevanten Daten und der aus Netzwerkeffekten gezogene Nutzen eingeführt.
Ein neuer § 4a KartG (relative Marktmacht) bezieht auch Unternehmer ein, die als Vermittler auf einem mehrseitigen digitalen Markt tätig sind.
Die Umsatzschwellen für anmeldebedürftige Zusammenschlüsse (§ 9 KartG) wurden beim Inlandselement angehoben: "Im Inland insgesamt mehr als € 30 Mio., davon mindestens 2 Unternehmen jeweils mehr als € 1 Mio." Bei der Prüfung eines Zusammenschlusses (§ 12 KartG) wurde das Zulässigkeitskriterium eingeführt, dass "die volkswirtschaftlichen Vorteile die Nachteile des Zusammenschlusses erheblich überwiegen".
Bei der Kompetenz des Kartellgerichtes und auch bei den übrigen Bestimmungen des KartG wurde nun ausdrücklich neben der Verletzung des KartG auch der Verstoß gegen Art 101 oder 102 AEUV eingeführt.
Der neue § 28a KartG normiert eine Kompetenz des Kartellgerichtes, festzustellen, dass ein Unternehmer auf einem mehrseitigen digitalen Markt marktbeherrschend ist. Einen solchen Antrag können aber nur die BWB, der Bundeskartellanwalt und bestimmte eingerichtete Behörden stellen.
Der Kreis der Unternehmen, gegen die Geldbußen verhängt werden können (§ 29 KartG) wurde erweitert (Rechtsnachfolger oder Muttergesellschaften). Bei Geldbußen gegen Unternehmervereinigungen (§ 31 KartG) kann diese von ihren Mitgliedern Beiträge zur Deckung der Geldbuße verlangen.
Weitere Inhalte der Novelle betreffend Geldbußen:
- Subsidiarhaftung teilnehmender Unternehmer oder Mitglieder einer Unternehmervereinigung
- Hemmung der Verjährung (§ 33 KartG) für die Dauer eines Verfahrens vor einer anderen Wettbewerbsbehörde eines EU-Mitgliedsstaates oder vor der Kommission.
- Ausführliche Regelungen (§ 35a ff KartG) über die Zustellung und Einbringung von Geldbußen und Zwangsgeldern innerhalb der EU und des EWR.
Die Novelle ist auf Zusammenschlüsse anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 angemeldet werden. Die Sanktionierung von neuen Zuwiderhandlungen ist für Rechtsverletzungen möglich, die nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens begangen werden.
Änderung des Wettbewerbsgesetzes (WettbG)
Neben der Anpassung der Aufgaben der BWB soll auf den neuen § 3 Abs 5 WettbG hingewiesen werden. Unternehmervereinigungen können die BWB um eine informelle Einschätzung von Sachverhalten ersuchen.
Die Pauschalgebühr für die Anmeldung von Zusammenschlüssen wurde von € 3.500,00 auf € 6.000,00 erhöht (§ 10a WettbG). Die Geldstrafen bei Verletzung von Auskunftsverlangen (§ 11a WettbG) wurden auf Prozentsätze vom Gesamtumsatz erhöht (bis 1 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes).
Die Grundsätze des Rechtschutzes (§ 13 WettbG) wurde nunmehr ausführlich ausgestaltet und die Einhaltung der Grundrechte als Maßstab gesetzt (Grundrechte in Österreich, Charta der Grundrechte der Europäischen Union und allgemeine Grundsätze des Unionsrechtes). Dazu gehört insbesondere, dass die Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit und die Verteidigungsrechte der Unternehmen gewahrt werden und dass Ermittlungen innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durchgeführt werden.
Wenn Sie Fragen zum Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2021, berät Sie unser Kartellrechts-Experte Dr. Michael Metzler gerne.